Höhlen bei Taskale

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MITTEILUNGEN des VdHK 1995-1

Krieg-Franzjoerg_Hoehlen-bei-Taskale_Mitt_1995-1

 

Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforsch. 41 (1) 8-11 München 1995

Höhlen bei Taskale (Karaman, Mitteltaurus, Türkei)

von Franzjörg Krieg

Summary
in 1990 several new caves in the area of the village Taskale (Karaman) in the turkish Toros Mountains were surveyed by two german cave divers, including the unfinished Gürlevik resurgence with up till now 2.397 m of mapped passages and the Hisilayik-Kuyu which meets a big subterranean river that sumps upand downstream. This essay presents some of the results of the expedition for the very first time.

Resume
En 1990, plusieures grottes dans Ia reg1on de Taskale (Karaman) dans les montagnes du Taurus turque ont ete explorees par deux plongeurs allemends. Parmi ces grottes se trouve Ia grotte de Ia source du Gürlevik, qui atteintjusqu’a present une longueur de 2.397 metres et ou le relevement a du etre termine sur voie ouverte. En outre, Ia grotte de Hisilayik-Kuyu a ete exploree. Elle possede une !arge riviere souterraine qui est bloque par deux siphons en montant et en descendant Ia riviere.

 

Während einer ausgedehnten einjährigen Urlaubsreise 1989/90 boten sich dem Autor und Bärbel Grupp sowie der gemeinsamen Tochter Hannah im Juli/August 1990 günstige Möglichkeiten zur speläologischen Forschung im Umkreis des Ortes Taskale [Tas, sprich: tasch =Stein; kale =Burg] (Karaman, Mitteltaurus) in der Türkei. Einen kurzen geologischen Überblick der Gegend mit einer Übersichtskarte gibt Niggemann (1994).

Die katastrophale Wasserarmut der stark verkarsteten Region und die Aussicht auf Erschließung neuer Wasservorräte führten zu einer Situation, die für ausländische Höhlenforscher in der Türkei ungewöhnlich ist: Eine umständliche behördliche Genehmigung war nicht erforderlich. Der Bürgermeister erklärte gleich zu Beginn, daß solche Probleme ab sofort absolut geregelt seien und uns in seinem Amtsbezirk alle Türen offenstehen würden. Die folgenden Wochen wurden für uns zu einer bleibenden Erinnerung an die vereinnahmende türkische Gastfreundschaft, eine herrliche Landschaft und an phantastische Höhlen, von denen nachfolgend die wichtigsten beschrieben werden sollen. Ein ausführlicher Bericht über den Aufenthalt mit allen weiteren Prospektions- und Forschungstouren in der Umgebung kann beim Autor nachgefragt werden. Eine ausführliche Videodokumentation liegt ebenfalls vor.

Die Eingänge der beiden Gürlevik-Quellhöhlen [Gürlemek = donnern, dröhnen (vgl.: Bröller); gürlük = Schwall, Überfluß,

Fülle; gürüldemek = sprudeln, plätschern] liegen in miozänen Kalken in je etwa 800 m Entfernung südlich von Taskale am Ende kleiner Seitentäler des Yesildere-Tales (Abb.1) [Yesil, sprich: jeschil =grün; dere =Bach, Tal]. Die kleinere Quelle des oberen Gürlevik wird nach nur 20 m Länge unschliefbar.

Die eigentliche Gürlevik-Höhle (unterer Gürlevik) (Abb.3) konnte im Verlauf mehrerer Forschungstage auf 2.397 m vermessen werden. Weitere 100 m wurden begangen, ohne daß ein Ende der Höhle erreicht wurde. Zusätzlich erfolgten Oberflächenbegehungen, wo die höhlenbildende tektonische Störung z.T. gut beobachtet werden kann.

Die Gürlevik-Quelle ist mit einer Trockenmauer gefasst. Durch Versturz im Hangbereich geprägt, erreicht der Gang bald den ersten, 16m langen Siphon. Nach 60 m folgt der zweite, 10m lange Siphon, der jedoch einen Luftspalt über der Wasseroberfläche besitzt. Man hat nun den Siphonbereich überwunden und kann die Befahrung ohne Tauchausrüstung bis zum bisherigen Umkehrpunkt fortsetzen. Der folgende kluftorientierte Wassergang besitzt durchschnittlich2-4m Breite und ist 6-10 m hoch. Die Wassertiefe beträgt bis zu 2 m. Sinterbildungen sind selten und befinden sich z.T. schon wieder in Auflösung. Einige Sinterbecken bilden Barrieren. Gangstufen sorgen für Wasserfälle von bis zu 4,5 m Höhe. in zwei Versturzhallen hat sich der Höhlenbach einen Weg unter den Blöcken gesucht.

Nach der 2. Versturzhalle teilt sich der Gang in eine aktive untere Durchbruchzone und einen nach SE führenden fossilen Obergang. Seide Etagen bilden in der 185-Grad-K/uft – einer ausgeprägten tektonischen Störung -jedoch wieder einen miteinander verbundenen Kluftgang von 15 – 20 m Höhe, in dem man sich sowohl auf dem aktiven Niveau bis zum unbefahrbar engen Wasserzulauf als auch wesentlich leichter im oberen Kluftbereich weiterbewegen kann. Die 185-Grad-K/uft wird an der 3. Versturzhalle um ca. 30 m nach Osten versetzt und führt anschließend in gleicher Richtung weiter nach SSW. in der Mitte des Ganges erscheint ein kleines Gerinne, das sofort wieder in

der Bodenspalte verschwindet.

An der 4. Versturzhalle ändert der Gang seinen Verlauf radikal und biegt nach ENE um in die Tropfsteingalerie. Findet sich bisher nur wenig Sinter, ändert sich nun der Charakter der Höhle. Nach einer markanten Tropfsteinformation – an der ein Gerinne zufließt, das über den Sinterberg in beide Gangrichtungen abläuft – ist der Gang fast durchweg versintert Die Häufung der Versinterungen in diesem Gangabschnitt dürfte dadurch

begründet sein, daß der Gang hier quer zur generellen Entwässerungsrichtung verläuft und das Wasser deshalb von einer Seite und von oben zuläuft. Durch die Sinterbildungen auf dem Boden fließt das Wasser streckenweise sogar höhleneinwärts. An einem Schluckloch beginnt wieder die aktive Zone. ln der Tropfsteingalerie muß eine 4 m hohe Wasserfallstufe und ein sehr enger Durchschlupf in einer Tropfsteinformation überwunden werden.

Die Tropfsteingalerie geht schließlich in die weiter ostwärts führende Wasserfallstrecke mit bis zu 4 m hohen Stufen über, ehe der Höhlengang in einer Gangschleife erneut nach Süden in den leicht mäandrierenden Südgang umbiegt.

Es handelt sich um einen engen und hohen Kluftgang, der ständig Wasser führt und kaum versintert ist. Stellenweise ist das Gestein und der spärliche Sinter schwarz verfärbt. Viele Fossilien ragen aus der Gangwand. Nach dem Tosen der Wasserfallstrecke fällt die Ruhe in diesem Abschnitt auf. Es sind keine Fließgeräusche mehr hörbar und wir glaubten bei der Erstbefahrung auch optisch kein Fließen mehr feststellen zu können. Am “Fiüsterstein”, einem großen, im Gang verkeilten Versturzbrocken, wurde die Erforschung – 2.397 m hinter dem Eingang – auf offener Strecke beendet. Der Gürlevik gehörte damit 1990 zu den 10 längsten Höhlen der Türkei.

Einige Kilometer weiter östlich von Taskale liegt, ebenfalls in einem Zubringer des Yesildere, die Citlik-Quellhöhle [sprich: dschetlek] auf 1.412 m ü. NN. Die 154 m lange Höhle (Abb. 4) entwässert ebenfalls von Süd nach Nord und endet in einem kriminellen Lehmsiphon, der sich erst zur Betauchung anbietet, wenn in der Region sonst nichts mehr zu tun ist.

Nordöstlich von Taskale liegt die Stadt Ayranci. 40 km S davon befindet sich in einem Ausläufer

Des Subasi-Tales [Su = Wasser; subasmasi = Überschwemmung] der Schacht Hisilayik-kuyu [Hisilayik, sprich: heschelajik; hisilte = Rauschen; kuyu = Schacht], aus dem bereits von oben das mächtige Brausen fließenden Wassers hörbar ist. Der 32 m tiefe, sich flaschenförmig erweiternde Schacht führt mitten in einen knietiefen Höhlenfluß. Schätzungsweise 500 I/sec. fließen hier mit leichtem Gefälle über Geröll. ln beiden Richtungen wird das Wasser rasch tiefer.

Während bachaufwärts sofort ein Siphon ansetzt, kann man bachabwärts in sehr kaltem Wasser schwimmend bis zu einer Gangbiegung nach links und anschließend in eine Halle gelangen. Ein Siphon führt über Versturzboden weiter, um nach ca. 20 m schachtartig hinabzuführen. Wegen der durch viel loses Geröll zu erwartenden Querschnittsverengung und der daraus resultierenden Erhöhung der Fließgeschwindigkeit erschien eine Fortsetzung des Tauchganges hier zu gefährlich.

Bachaufwärts wurde der erste 50 m lange Siphon durchquert. Es folgt eine geräumige Versturzhalle und ein erneuter Siphon, dessen Erforschung nach 80 m in 8 m Tiefe wegen Druckausgleichsproblemen auf offener Strecke abgebrochen wurde.

Der Hisilayik-Kuyu konnte damit auf eine Länge von 260 m bei -54 m Tiefe dokumentiert werden (Abb. 6).

Nach den 5-wöchigen Forschungen im Gebiet des Mitteltaurus scheint sich folgendes Bild als Grundmuster zu festigen:

Der Verlauf der oberirdischen Entwässerung ist grob von Ost nach West orientiert. Sowohl das lncesu-Tal als auch das etwa parallel weiter nördlich dazu gelegene Yesildere-Tal folgen dieser Richtung. Die unterirdische Entwässerung dagegen verläuft in Parallelsystemen von Süden, also von der 2.000 m hohen Hochkette des Mitteltaurus, nach Norden.

Die Höhlen verlaufen in diesem Gebiet also rechtwinklig zu den oberirdischen Wasserläufen bzw. zu den Trockentälern. Sie unterqueren diese entweder oder stellen Quellen bzw. Ponore dar.

Die von Dr. Nuri Güldali und seinem Team südöstlich von Taskale erforschte lncesu-Magarasi [lnce =dünn, schmal; su = Wasser], wahrscheinlich ein sehr alter heute trockener Ponor, ist nach 1,6 km Länge zugeschwemmt und zeigt wohl als erste erforschte Höhle des Gebietes dieses Entwässerungsgrundmuster.

Der von uns erforschte Gürlevik, eine aktive Quellhöhle, zeigt dasselbe hydrologische Prinzip. Auch der H1~1layik-Kuyu

scheint nach bisher nur 260 m vermessenem Gangverlauf diesem hydrologischen Muster zu folgen, ist jedoch das erste bekannte Höhlensystem, das unter einem höher gelegenen Talausläufer hindurch entwässert. Eine genauere Untersuchung in der Umgebung bekannter schachtartiger Schwinden (“Düden”) wäre daher sehr interessant.

 

Literatur

Niggemann, St. (1994): Bemerkungen zu Karst und Höhlen im westlichen Bolkar-Daglari (Türkei).- Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforsch., 40 (3), 74- 76, 3 Abb.; München.

 

Die Erforschung des Gürlevik (Gürlük) – eingebettet in den Kontext

Gürlemek = donnern
Gürlevik = (Osman. Dialekt) etwa “Bröller”
Rakim (Seehöhe) – 1412m
Fossilien: Brachiopoda

Tagebuch-Notizen, begonnen am 19.06.1990 – Retrospektive

Wir gaben unserem Diesel die Sporen und fuhren von Antalya aus die Küstenstraße in Richtung Osten. Halt: vorher besahen wir uns noch genau alle Teile des großen und immer noch weitgehend unerforschten hydrologischen Systems vom Antalya:
Kirkgözler („vierzig Augen“, oder auch „sehr viele Löcher“ – das ist der Quellbereich, an dessen Ende wir zuletzt campten), Pinarbasi, ähnlicher Quellbereich, das Biyikli-Schluckloch, in das das Wasser beider Quellbezirke normalerweise entwässert, wenn da das DSI mit Dämmen und Kanälen nicht einen Riegel vorgeschoben hätte, den großen Dolineneinbruch bei Antalya, bzw. beim Dorf Varsak, wo bei Hochwasser ein Fluß durchdonnert – dasselbe Wasser, das im Biyikli verschwindet – jetzt stehen an den tiefsten Stellen nur Teiche, der eine müßte eigentlich direkt in einen Riesensiphon münden…. und schließlich noch den “Düdenbasi”, eine Riesenquelle, aus der ein großer Fluß tobt, noch ein gutes Stück über die unterste Travertinebene von Antalya rauscht und dann endlich in einem Wasserfall ins Meer mündet. Obwohl ich unbedingt noch im Kirkgözler tauchen möchte, ist der Siphon zwischen Varsak und Düdenbasi die Sensation. Wenn der betauchbar wäre, müßte ein Siphon von wohl größer/gleich 10m Durchmesser und 2 km Mindestlänge drin sein!! Und schließlich ist da noch der Siphon von Varsak aus aufwärts in Richtung Biyikli – da stecken sichere 16 – 20 km System dahinter!

Etwas wehmütig ließ ich das alles unbetaucht zurück und dieselte also nach Osten. Alanya, Anamur, Silifke. Dort besahen wir uns den “Cennet ve Cehennem”, die beiden beisammen liegenden großen Dolinen. In den Cennet will ich nochmals rein, mit etwas Grabarbeit müßte man da in den aktiven Höhlenfluß reinkommen, den man wie einen D-Zug im Tunnel schon rauschen hört, und dessen Wasser man an den tiefsten Stellen schon im Schotter sieht. Mersin, Tarsus, Adana, Iskenderun, Antakya.
Am 06.06.90 waren wir an der syrischen Grenze. Ohne Visum geht nichts! Wir gaben nicht auf und fuhren etwa 100 km weiter zum nächsten großen Grenzübergang bei Reyhanli.
Dort hatten es zwei Deutsche am Tag vorher ohne Visum geschafft. Wir hatten Pech. Ohne Visum geht nichts! Jetzt wollten wirs aber wissen: In Mersin checkten wir alle Fährverbindungen – nichts! Nur von Piräus aus gehts nach Alexandria. Wollen wir tatsächlich über Syrien weiter, bleibt nur noch übrig… ab nach Ankara – Visas für Syrien, Jordanien und Ägypten besorgen. Allerdings: 100 Dollar Mindesumtausch pro Person für Syrien.

Die Fahrt nach Ankara – immerhin zusammen über 1000km – wollten wir allerdings nutzen. Wir beschlossen, auf dem Hinweg in Taskale vorbei zu sehen, wo der Bürgermeister Wasser für sein neues Dorf braucht.

Das ist immerhin ein 100%iger Tipp von einem sehr wichtigen türkischen Höhlenforscher (Nuri Güldali, dem späteren Manager der Dim-Höhle in Alanya) persönlich und meine beste Trumpfkarte, die ich im Gepäck hatte. Auf dem Rückweg wollten wir dann über Kappadokien – Göreme, etc.

Ja, dann kam aber die nächste große Wende dieser Tour:

Taskale liegt in einem Tal, die nicht sehr tief in eine große Kalkplatte eingeschnitten ist. Das ganze Tal ist eine einzige grüne Oase in der sonst fast nackten Karstwüste – und das Ganze ist überhaupt der absolute Wahnsinnsknüller! Wir sind jetzt schon die zweite Woche hier und können es immer noch kaum fassen. In etwa 1400 m Höhe und etwa 25 km Staubstraße von der Zivilisation weg liegt eine 5000-Einwohner-„Stadt“, die fast noch wie im Mittelalter lebt. Einzige Einnahmequelle ist die Schafzucht mit allem Drum und Dran bis zum Teppichknüpfen. Hier gibt es absolut keine Touristen, aber eine Landschaft, eine Kultur und Menschen, wie wir es von Syrien bis Ägypten auch nicht viel interessanter haben könnten.

Als wir ankamen, war der Bürgermeister mit der Folkloregruppe gerade in Ankara. Ein Lehrer von hier war aber 15 Jahre in Deutschland tätig und spricht entsprechend gut deutsch. Als er den Leuten von der „belediye“ (=Gemeindeverwaltung) erklärt hatte, was ich wollte, war gleich alles klar: In die Höhle? Selbstverständlich! Muzaade? (Genehmigung) Nicht nötig! Nur nix wie rein und geforscht! ….was wir natürlich machten.





Bis jetzt hatte noch niemand geschafft, in das Loch reinzukommen. Schon einige Höfos verschiedener Nationalität sollen versucht haben, den Einstieg zu knacken. Alle inclusive wir selbst waren also gespannt.



10.06.1990 – Gürlevik 1 – bis zum 2. Siphon

  1. Franzjörg in Tauchanzug (Long John) und Schlaz bis zum 1. Siphon
  2. Franzjörg mit 2×2-Liter-Gerät und Leine taucht den 1. Siphon, verlegt Leine und geht bis zum 2. Siphon

Ein enger Eingangsteil, mit gesetzten Steinen künstlich verstärkt und vom Wasser durchflossen, führt zum ersten Siphon. Der ist 16 m lang bei etwa 1 m Höhe und 4 m Breite und liegt direkt unter der Wasserlinie – etwas schlammig.

Danach kommt ein teilweise durch Versturz geprägter Wassergang in Dreieck-Profil von knapp Stehhöhe, der immer mehr ins Wasser abtaucht und schließlich in den 2. Siphon übergeht. Dieser muss nur wenige Meter getaucht werden, ist im Unterschied zum ersten Siphon klar bei kastenförmigem Profil.



11.06.1990 – Gürlevik 2 – bis vor dem „Strich“ mit Vermessung

Franzjörg und Bärbel mit 2x4l und 2x2l, 5 kg Blei, Anzug, Schlaz, Füßlinge, keine Schuhe, Maske und Schnorchel, Karbidhelm, Tauchhelm, Vermessungsmaterial, Seil

Franzjörg verlegt Leine im 2. Siphon. Wir legen dahinter die Tauchausrüstung ab, erkunden weiter, ein weiterer Bücksiphon unter einer Versturzhalle wird frei getaucht.
Vermessung auf dem Rückweg bis Siphon 2.
Nach etwa 120 m waren wir in einer kluftorientierten Flusshöhle Marke „Falkensteiner“ mit Wasserfällen, Sinterbrücken, Versturzpassagen, etc.

12.06.1990 – Gürlevik 3 – Vermessung der Siphonpassagen
Franzjörg und Bärbel: Videoszene bis zum 1. Siphon
Vermessung bis zum 1. Siphon
Franzjörg: Vermessung bis hinter den 2. Siphon

14.06.1990 – Gürlevik 4 – Vermessung der unteren Etage und Beginn der oberen
Vermessungstour
Zwischenfall im 1. Siphon mit Leinenriss und Neuverlegung im Schlamm.
Vermessung bis Ende „Strich“ (185°) und ein Stück weit in die obere Etage.

 

Fr 15.06.90  Manazaan – Byzantinische Felsanlage





Bis jetzt haben wir im Gürlevik 750 m, von denen 640 m vermessen und gezeichnet sind. Morgen (20.06.1990) will ich fixe Leinen von 8mm in den Siphons installieren, damit diese auch im Notfall frei tauchbar wären. Im aktiven wasserführenden Teil sind wir vorläufig am Ende. Dort wird’s zu eng. Bei der nächsten Tour wollen wir in die oberen Teile und dort vermessen. Wir hoffen, dort über die unteren Engstellen weg zu kommen. Außerdem will ich versuchen, die Videokamera durch den Siphon zu bringen.

Inzwischen kam der “Belediye Baskane”, der Bürgermeister, ein ehemaliger Militär, der alle Beziehungen hat, Riesenprojekte durchzieht, z.B. den Bau eines kompletten neuen Dorfes in verkehrsgünstigerer Lage, und das Dorf wie ein Mafiaboß regiert. “Knochenfabrik” nennen sie ihn auch hier, weil er soviel isst. Der hat uns erstmal klargemacht, daß wir seine Gäste seien und daß es von jetzt ab für uns keine Probleme mehr gäbe. Er hätte auch gute Beziehungen nach Antalya und wegen irgendeiner Genehmigung bräuchten wir uns keine Gedanken mehr machen. Wir werden – meist persönlich von ihm – im Dienstauto durch die Gegend gefahren, zwei seiner Untergebenen sind ständig für uns abkommandiert und Bärbel hat seit über einer Woche nicht mehr gekocht. Wir stehen direkt vor der Metzgerei und Bäckerei, haben Strom, unser Hund Janis hat ganz glänzendes Fell von dem vielen frischen Hammelfleisch und wenn nicht gerade die Jungs von der Belediye zum Kochen für uns abkommandiert sind oder wir nicht gerade bei einem Lehrer oder sonst wo zum Essen eingeladen sind, sagen wir dem Metzger, er soll Hackfleisch zum Bäcker nebenan bringen, der macht uns dann ofenfrisches Börek. Wir leben wie im Schlaraffenland und selbst wenn wir etwas bezahlen müßten, dh., wenn wir die Chance hätten, etwas bezahlen zu können, sorgen die Preise dafür, dass wir kaum mehr Geld brauchen.

Außerdem: Zum Dorf gehört ein „kale“, byzantinische Felsenstadt (wie Göreme) mit frühchristlichen Katakomben und Felsengräbern (völlig ohne Tourismus!), wo wir letzte Woche auch Mumienteile gefunden haben. Taskale selbst liegt an einer Felswand, die schon vor etwa 2000 Jahren bearbeitet wurde und deren alte Räume von den Einwohnern hier als Lagerräume für landwirtschaftliche Erzeugnisse benutzt werden.

Zu all dem: Ich habe inzwischen 2 weitere Höhlen gecheckt. Eine habe ich auf 20m angetaucht, die andere etwa 100m weit im Wasser bekrochen. Beide gehen weiter, nur ist natürlich die größere, der Gürlevik, in dem wir schon 750m weit sind, jetzt vorrangig.

16.06.1990
Die gut 9km von hier weg gelegene Incesu-Höhle, die zur Touristenhöhle ausgebaut werden soll, ist dagegen trotz ihrer 1,6 km ein trauriges Überbleibsel einstiger Schönheit. Ich nehme an, daß mir der Bürgermeister abgenommen hat, daß sich der Ausbau wegen der Zerstörungen an den Tropfsteinen nicht mehr lohnt.



Zuerst dachten wir, die Straße sei hier zuende. Tatsächlich kommt etwa 2 km weiter noch ein Dorf, in dem alles so aussieht, daß ich es nicht gewagt habe, zu filmen. Danach wird die Schlucht immer enger und malerischer. Es soll noch etwa 10 km weitergehen (nur zu Fuß oder mit dem Esel), dort soll dann der Fluß aus einer Höhle kommen….

Unser weiteres Programm:

Morgen (20.06.90) Höhle, übermorgen (21.-22.06.) mit dem Bürgermeister zum großen Folklorefest nach Karaman, der 46 km weg liegenden Kreisstadt. Auf jeden Fall geniessen wir die Zeit und die Möglichkeiten hier, wollen nicht nur etwas beginnen und uns wegen der Kürze der Ferien auf ein Wiederkommen vertrösten. Jetzt haben wir Zeit und nutzen diese so, wie es in den normalen Ferien nicht geht.

Hannah ist oft bis spät in die Nacht mit den Kindern hier am Spielen. Heute Mittag hat sie bei einer Familie Börek gebacken ‑ mit Schafskäse. Ich sollte mich nochmals im Teehaus blicken lassen ‑ danach hockt meist noch eine clique beim Raki privat zusammen. Den gibts hier nicht zu kaufen, aber wie durch Zauberei ist er immer in Mengen privat da. Auch bei unseren Touren mit dem Bürgermeister ist stets genug Raki und speziell für mich Bier dabei. Sonst besorgt mir das Bier immer der Metzger. Der hat für das Fleisch den größten Kühlschrank! Ich bringe ihm nur die leeren Flaschen und er sorgt für den Nachschub (Tuborg). In einem der Läden habe ich es sonst noch nicht gesehen. Metzgerei und Bäckerei sind wie das Lokanta (Gaststätte mit ausschließlich Essen – nur selten offen) eine Einrichtung der Gemeindeverwaltung. Die “Rückständigkeit” und Abgelegenheit sorgt dafür, daß viele Dinge kommunal geregelt werden. Die Basis für Privatwirtschaft wäre trotz der Einwohnerzahl nicht groß genug. Da die Fahrt nach Karaman hin und zurück 5000 kostet, ein Tagesverdienst 15 – 20.000 bringt, lohnt es sich für die Männer hier auch nicht, in die Stadt zur Arbeit zu fahren. Sie sitzen deshalb meist in den Teelokalen hier, geben fast kein Geld aus, sehen fern, spielen Okey oder schwatzen. Die Frauen machen derweil die Schafwirtschaft, den Haushalt, die Omas spinnen und ein Teil der Frauen und Mädchen knüpft Teppiche. Gerade ein paar Häuser weiter ist jetzt wieder ein großer von etwa 5‑6 qm und ein kleinerer von 3 qm wurde gestern begonnen (6 Farben+natur, 209 Knoten mal 1175 Reihen, macht rund 250.000 Knoten, etwas über 80.000 Knoten/qm).

20.06.1990 – Gürlevik 5 – Mit Hannah Video bis Siphon 1, Fixseil in S1

24.06.1990 – Gürlevik 6 – große Tour, 13 Uhr bis 19.30 Uhr
                                               Fixseil in S2, Fotos bis gr. Wasserfall
                                              
Entdeckung und Vermessung im Obergang

1) Seil in Siphon 2
2) Fotos bis zum gr. Wasserfall
3) Vermessung und Entdeckung im Obergang bis etwa 1 km

Am 24.06.90 gings wieder in den Gürlevik, ich zog eine fixe Leine in den 2. Siphon, wir machten Fotos bis zum großen Wasserfall, entdeckten im Obergang die gesuchte Fortsetzung (nachdem unten die Spalte, aus der das Wasser kommt, unbefahrbar eng wurde) – und vermaßen bis 1 km! Der Höhensprung an dieser Stelle kommt von einer deutlich ausgeprägten 185°-Kluftspalte, die auch an der Oberfläche zu sehen ist.



Die 8-Stunden-Tour im 8°-Wasser sorgte wieder für 2 Pausentage. Was in diesen beiden Tagen war, ist einfach nicht mehr zu ermitteln.

27.06.1990 – Gürlevik 7 – Außenvermessung und Oberflächenprospektion

Am 27.06.90 machten wir auf jeden Fall eine Außenvermessung über dem Gürlevik und versuchten, in einer Oberflächenprospektion rauszubekommen, ob man die ausgeprägten Klüfte aus der Höhle auch an der Oberfläche nachweisen kann, und wie weit das Loch also noch gehen könnte. Das brachte durch große Dolinen und Kluftrichtungsänderungen Hinweise auf einen baldigen Wechsel im jetzt stur nach 185° ausgerichteten Verlauf. So sollte es dann auch sein. Am 28.06. gabs die vorläufig letzte große Tour in dem Loch mit Fotos, Entdeckung eines 300 m langen, wunderschönen aktiven Tropfsteinteiles und Vermessung bis 1640 m! Das ist bis heute der Forschungsendstand. Danach hatte Bärbel wieder die Schnauze gestrichen voll und wollte nie wieder in dieses Loch. Also – zunächst Pause. D.h., ich zeichnete am Plan, schrieb Berichte, machte mir auch schriftlich Gedanken über die Speläologie dieser Gegend, wir waren eingeladen, begutachteten fertig gewordene Teppiche, etc,. etc.

28.06.1990 – Gürlük 8 – große Tour, 10.30 Uhr bis 18.30 Uhr
                                            Fotos bis VP 82
                                           
Entdeckung und Vermessung bis 1,64 km

1) 11.15 Uhr Ende Siphonstrecke, Fotos ab gr. Wasserfall in Versturzhalle 2 bis VP 82 bis 13.30 Uhr
2) Vermessung 13.30 Uhr bis 16 Uhr 646 m Neuland bis 1640 m, Tropfsteingang



















02.07.1990 (Montag) – Fahrradprospektion Yesildere-Canyon, Subase Kaynaks

Am 02.07.90 wollte Bärbel immer noch nicht in eine Höhle, sie lag mit Angina im Bett und ging erst am 03.07. wieder aus dem Auto! Hannah spielte lieber mit den Kindern hier, als mit mir in irgendein Loch zu kriechen, und ich war geil auf action. Bei einer kleinen Fahrradtour mit Hannah weiter nach hinten ins Tal, dahin, wo die befahrbare Straße (Staubweg) aufhört und das Tal zum Canyon wird, hatte ich mir vorgenommen, dort nochmals hinzufahren. Außerdem hatte ich die Info, dass es dort auch irgendwo einen „Düden“ geben sollte (Düden = Schwinde in Höhlenform). Also nahm ich das Fahrrad und zog in Begleitung von Janis los. Die machte dann an diesem Tag 40 km im Laufschritt, ihr hing die Haut an einer Pfote in Fetzen, sie bekam wohl einen fürchterlichen Muskelkater und wollte ein paar Tage nur noch mühsam zum Gassigehen aus dem Auto. Ich hatte wider Erwarten nach dem Fahrrad-mountain-cross meines Lebens hinter dem Canyon in einer breiteren Talfortsetzung ein Dorf gefunden – Büyük koras (Groß-Koras), normal nur von einer völlig anderen Seite her per Staubstraße erreichbar. Ein Bauer von dort fuhr mich mit dem Traktor weiter ins Tal zu einer Quelle und zwei Quellschächten, (Subasi-Kaynak) wahrscheinlich Hochwasserüberläufe der 500 m weiter weg gelegenen Quelle, die aus dem Hangschutt kommt. Ich schwor mir, mit Tauchausrüstung wieder zu kommen und hatte außerdem einen meiner schönsten Tage der Tour.

Am nächsten Tag, Dienstag, den 03.07.90, war „Opferfest“, das, was wir als „Hammelfest“ schon zwei Mal in Marokko erlebt hatten. Jede Familie schlachtet ein Schaf, einen Hammel oder eine Ziege und es wird mal wieder so richtig gegessen. Außerdem besuchen sich die Leute gegenseitig, um beim Essen nicht allein zu sein und um die vorgeschriebene Portion des „Opfers“ auch wirklich an Gäste loszuwerden. Wir bekamen natürlich auch unseren Teil ab und waren fast schon Familienmitglieder bei der Familie, mit deren Kindern Hannah in der letzten Zeit oft spielte und wo sie immer beim Brotbacken „half“. Die nächsten beiden Tage waren wir bei einer richtigen traditionellen türkischen Dorf-Hochzeit eingeladen. Das war, gerade hier in Taskale, ein besonderes Erlebnis und würde viele Seiten füllen, wenn ich versuchen wollte, dem Ereignis gerecht zu werden. Ich machte ein ausführliches Video als Geschenk für das Brautpaar und als Dokument für mich. Dabei lernte ich Alper kennen, ein Verwandter des Bräutigams, der, wie viele der Gäste, aus einer türkischen Großstadt kommt: Er aus Izmir, andere waren aus Istanbul, Ankara oder Antalya. Mit ihm vermaß ich dann eine Quellhöhle (Citlik), die ich zuvor schon entdeckt hatte. Sie brachte etwa 100m Neuland mit einem kriminellen Lehmsiphon danach, den ich erst antauchen werde, wenn es sonst nichts mehr hier zu tun gibt! Außerdem betauchte ich mit ihm am 08.07.1990 die beiden Siphons des Gürlevik (er ist Taucher) und machte mit ihm dort eine Fototour bis zur Versturzhalle 2.

07.07.1990 (Samstag) – Vermessung Citlik mit Alper Gökdemir



08.07.1990 – Gürlevik 9 – Fototour mit Alper Gökdemir bis Versturzhalle 2



09.07.1990 – Ogru-Tour mit Wasserhöhle in Ogru



12.07.1990 (Donnerstag) – Subasi-Kaynaks, tauchen und vermessen



Masitli kale, Video mit „Schatzsucher“




13.07.1990 (Freitag) – Baskane Ayranci mit Muhtar Pinarkaya,
                                        Wasserbauingenieur und deutschsprachiger Neffe
                                         zu Besuch
                                         Tour zum HK 1 – Schacht mit Wasser!
                                          (Hisilayik kuyu – extra Artikel)
                                         Danach mit LKW zu den Kaynaks, auf dem Rückweg
                                         Steine von Masitli mitnehmen
14.07.1990 (Samstag) – HK 2, große Tour, vermessen, Video,
                                          Tauchen upstream Siphon 1
                                          Endet mit Problemen, da sich die türkischen Helfer
                                          oben am Schacht wie die Idioten benehmen.
17.07.1990 (Dienstag) – Große Tour HK 3, 16 Leute, LKW von Ayranci, der
                                           Sohn des Baskane steigt mit ab,
                                           80m im 2. upstream Siphon
18.07.1990 (Mittwoch) – zugeschwemmter Ponor rechts der Straße nach Kavaközü
19.07.1990 (Donnerstag) – HK 4, zu 5 im LKW-Führerhaus, Yakub steigt mit ab,
                                                 bis -18m im downstream Siphon
20.07.1990 (Freitag) – Tour mit LKW in die Berge zu Düden bei
                                        Atatürkün-Ciftligi




21.07.1990 (Samstag) – Hochzeit in Ambar
22.07.1990 (Sonntag) – Mezar-Anlage in Saray
24.07.1990 (Dienstag) – finale Aktion im HK 5
25.07.1990 (Mittwoch) – Kiraman kale, Prospektion
26.07.1990 (Donnerstag) – Mullah Osman Koyaklari kuyu
27.07.1990 (Freitag) – Kiraman kale
28.07.1990 (Samstag) – Presse und Fernsehen
29.07.1990 (Sonntag) – Planzeichnung, Essen in Karaman
30.07.1990 (Montag) – Videos, Planzeichnung
31.07.1990 (Dienstag) – Protokolle und Pläne
01.08.1990 (Mittwoch) – Taskale, abends Videovorführung
02.08.1990 (Donnerstag) – Tagebuch-Bericht, Arif in Taskale, Essen

Mittwoch, den 01.08.1990, 23.30 Uhr bis Donnerstag, den 02.08.1990, 24.00 Uhr

Nachdem ich schon mal am 19.06.90 den Versuch unternommen habe, das, was bis dahin alles für uns gelaufen war, zusammen zu fassen, will ich jetzt einen weiteren Versuch starten, eine Fortsetzung dessen wenigstens zu beginnen. Unser ganzes Urlaubsjahr war ja auch für uns eine Folge spontaner Entscheidungen und war voller Überraschungen. Genau so lief das auch weiter und wird wohl auch so bleiben bis wir Anfang September wieder ins „geregelte Berufsleben“ einsteigen müssen. Das bedeutete zwar, dass wir immer wieder unsere eigenen Vorplanungen über Bord werfen mussten, brachte aber Leben in das Jahr. Da wir ja viel Zeit vor uns hatten, konnten wir das machen, was sonst im Urlaub aus Zeitmangel kaum geht: Wir konnten uns auf neue überraschende und gute Situationen, die wir nicht vorahnen konnten, einlassen. Genau das bestimmte nun die letzten 3 Monate dieser Tour. Was wir im Ortatoros (Mitteltaurus) vorfanden und immer noch an Neuem finden, war nicht vorhersehbar und nicht planbar. Wir ließen uns aber voll darauf ein, was uns zwar um die wenigstens doch in Ansätzen geplante „Afrika“-Tour brachte, aber dafür einen Hammer nach dem anderen bot und immer noch bietet. Doch der Reihe nach:

Taskale war für uns die Überraschung. Das Bergdorf, oder genauer, die „Kleinstadt“ mit ihren teilweise weit verstreuten 5000 Einwohnern bietet alles, was wir suchten: Ursprüngliche asiatische (urtürkisch-anatolische) Kultur – oder besser: anatolisch-nomadische Tradition, archäologische Hämmer überall ohne Touristen, landschaftliche Leckerbissen, uralte Felswohn-, -gräber- und –speicheranlagen und natürlich Höhlen!





Der Tipp, den ich hatte, dass es da zwei Quellen gäbe, die erforscht werden sollten, war zumindest im einen Fall ein Volltreffer: bis jetzt haben wir 1640m vermessen, waren inzwischen 3 Wochen lang wo anders und sind heute zurück gekommen, um den Versuch zu unternehmen, das Loch in die Liste der 10 längsten Höhlen der Türkei zu bringen. So was kann man vorher eben nicht planen. Es kann nur passieren – Inshallah!

Wir fanden hier außerdem eine Situation vor, wie sie für uns in der Türkei neu war: nix mit umständlicher Muzzade (behördliche Forschungsgenehmigung für Ausländer über binationale Behörden…). Im Gegenteil: Der Bürgermeister hier erklärte uns gleich zu Beginn, dass solche Probleme für uns ab sofort absolut geregelt seien. In seinem Amtsbereich würden uns alle Türen offenstehen und wenn wir irgendwo Probleme vorfänden, sei er dazu da, diese für uns zu lösen. Außerdem sollten wir uns als Gäste der belediye (Gemeindeverwaltung) betrachten. Dies bedeutete konkret, dass wir in den 4 Wochen, die wir hier waren, sehr oft im Dienstauto des baskane (Bürgermeister) und oft von ihm selbst durch die Gegend gefahren wurden und dass er, bzw. seine Bediensteten, für unser leibliches Wohl sorgten, bzw. zu sorgen hatten. Außerdem wurden wir in der langen Zeit hier natürlich fast wie Einheimische betrachtet und wurden zu allen Festivitäten wie z.B. Hochzeiten, selbstverständlich eingeladen. Seit fast 2 Monaten können wir kaum mehr Geld ausgeben und hatten auch keine Gelegenheit mehr, selbst zu kochen.

Inzwischen ist es 01.30 Uhr. Nicht, weil ich so lange am Schreiben gewesen wäre, sondern weil der Metzger, vor dessen Ladentür unser Expeditionsmobil seinen Stammplatz hat, sein altes Ungetüm von Mofa am Haken, an dem sonst die Schafe hängen, aufgehängt hatte und mit 3-4 Kumpels daran herumbastelte. Als sie die Maschine vom Haken nahmen, um sie draußen auszuprobieren, rüttelten sie aus Platzmangel unabsichtlich am Auto und ich ging mal raus, um nachzusehen. Die Aktion mit dem Probelauf ging in die Hose. Also musste der Motordeckel wieder runter, um weiter an der Zündung zu basteln – mit Werkzeug wie z.B. einem vermurksten Stemmeisen als Schraubenzieher. Ich holte deshalb meinen gut sortierten Werkzeugkasten raus, der Metzger (kasab) machte eine Runde Bier raus (als Verwalter des großen Metzgerei-Kühlschrankes der Gemeinde ist er auch für gekühltes Bier zuständig,) und jetzt wurde erst so richtig gewerkelt. Bald lief die Maschine wieder einwandfrei, nur, da vom Motordeckel 2 Schrauben fehlten und die anderen beiden schon ziemlich ramponierte Gewinde hatten, wollte die Kupplung wegen zuviel Spiels nicht so recht, wie sie eigentlich sollte. Ich hatte in meinem Vorrat zufällig eine passende Schraube, die erst durch Zurechtfeilen eines Distanzstückes aus einem meiner Alurohrstücke hinreichend passte. Das wird uns morgen vom Metzger wieder eine Fressorgie einbringen, kostet uns jetzt aber für morgen die geplante Tour in den „Gürlevik“, den ich unbedingt auf über 2 km Länge vermessen haben will…. Wir haben das Material hierfür noch nicht gerichtet, und nach dem Ausschlafen morgen wird es dann für die Tour einfach zu spät. Wir müssen zwei Siphone tauchen und haben dann etwa 1500m aktive Wasserhöhle vom „Falkensteiner“-Typ mit mehrere Meter hohen Wasserfällen bis zum Forschungsendpunkt vor uns. Macht nix – Ersatz ist schon angemeldet. Nach meiner Vorführung der Videos der letzten 3 Wochen im Teehaus (fertig geschnittene und betitelte Produktionen!) wurde ich eingedeckt mit Infos über Schächte in der näheren und weiteren Umgebung, auf deren Grund Wasser sein soll. Wahrscheinlich aber gehe ich mit dem Bürgermeister auf seine „Farm“, etwa 10-15 km von hier. Er hat dort ein „Wasserproblem“ (was auch sonst?).


Das neue Taskale, vom ehemaligen Militärangehörigen und jetzigen Bürgermeister mitten in die Steppe geplant. Natürlich braucht man dazu Wasser!

Inzwischen pennen natürlich meine beiden Mädchen, Janis döst zufrieden. Da der kasab bei unserer Ankunft gerade ein Schaf und einen Hammel schlachtete, bekam sie von ihm wie immer eine Lunge, eine Leber und die Hammelhoden – schlachtfrisch! Nur ein kleines Kätzchen – für Hannah eben eine Doppelhand voll Fell – krabbelt neugierig im Auto rum. Hannah bekam es heute nach unserer Ankunft geschenkt und ich fürchte, es wird uns wohl nach Hause begleiten. Lady leckt es eifrig, womit die schwierigste Hürde geschafft ist. Weil kaplan auf türkisch Tiger heißt, hat es seinen Namen damit weg.

Die erste Zusammenfassung beendete ich damit, dass wir am übernächsten Tag nach Karaman zum großen Folklorefest eingeladen waren. Das war auch so. Wir bekamen als Ehrengäste überdachte Plätze bei den Honoratioren und ich hatte optimale Voraussetzungen zum Filmen der Folkloretänze. Abends war große Galashow für geladenes Publikum in der Burg von Karaman mit Gruppen, Sänger und Sängerinnen, die von den Medien bekannt sind und zu den Stars in der Türkei zählen. Wieder waren wir geladen und konnten einen Querschnitt durch die heutige Popmusik-Szene der Türkei live erleben. Es gab keinen Rock, aber aus dem Schlager und Folklorebereich das, was zur Zeit die Musikszene der Türkei bestimmt. Die Türken haben da eine andere Auffassung von Pop und verknüpfen auf interessante Weise Tradition mit Popelementen. Unsere 6-jährige Tochter Hannah hatte die Aufgabe, zweimal im Laufe des Abends Blumensträuße vom Bürgermeister von Taskale zu den Stars auf die Bühne zu bringen.

Da es mit Tagebuch hier einfach nicht so richtig funktioniert – es ist zuviel los und wir haben einfach zu wenig Zeit – habe ich etwas Probleme, jetzt noch alles auf die Reihe zu bekommen.

Also:
Am 24.06. gings wieder in den Gürlevik, ich zog auch eine fixe Leine in den zweiten Siphon.

Wir machten Fotos, entdeckten im Obergang die Fortsetzung (nachdem es unten im Wasser zu eng wurde für ein Weiterkommen) – und vermaßen bis 1km! Die 8-Stunden-Tour im 8-Grad-Wasser sorgte wieder für zwei Pausentage. Was da lief ist einfach nicht mehr zu ermitteln… Am 27.06 machten wir jedenfalls eine Außenvermessung über dem Gürlevik und versuchten in einer Oberflächenprospektion rauszubekommen, ob man die ausgeprägten Klüfte aus der Höhle auch an der Oberfläche nachweisen kann, und wie weit das Loch also noch gehen könnte. Das brachte durch große Dolinen und Kluftrichtungsänderungen Hinweise auf einen baldigen Wechsel im jetzt stur in 185° ausgerichteten Verlauf.

03.08.1990 (Freitag) – Karaman Vali, Yollarbasi Höhle 1
04.08.1990 (Samstag) –  Yollarbasi Höhlen 2 + 3
05.08.1990 (Sonntag) – Yollarbasi Höhle 1
06.08.1990 (Montag) – Karaman Kupfer einkaufen

07.08.1990 (Dienstag) – HK – TRT-Aktion
Das türkische Fernsehen (TRT)drehte mit mir ein Feature in der Höhle und sendete dies an einem Sonntagabend direkt nach den 20Uhr-Nachrichten türkeiweit – Premiumtime!
Der Redakteur ließ sich unerschrocken wie einen Materialsack abseilen. Der Kameramann aber erklärte, dass weder er noch seine Kamera je in dieses Loch gehen würden. Also drehten wir alles in der Höhle mit meiner V’HS-Kamera – und das wurde dann auch gesendet.

08.08.1990 (Mittwoch) – zu Dipl.Ing. Mehmets Familie, Alman Kuyusu
09.08.1990 (Donnerstag) – ausschlafen, Suppe mit Halil im Lokanta, Kostümprobe von Bärbel, Spaziergang durch Taskale, Rundbrief und Videoband, gr. Picknick am Gürlevik mit beiden Mehmets aus Ayranci
10.08.1990 (Freitag) – Kör kuyu, Taskale, Material richten für Gürlevik, Hochzeitsvideo bei den Eltern des Bräutigams

11.08.1990 – Gürlevik 10 – finale Aktion, Vermessung bis 2,4 km

10.30 Uhr        Einstieg
11.00 Uhr        Ende Tauchstrecke
12.15 Uhr        Anfang Tropfsteinteil (Ostgang)
bis 12.30         Lampenreparatur
13.15 Uhr        Beginn Vermessung ab VP 139
15.00 Uhr        VP 178
15.30 Uhr        zugesinterte Stelle VP 189
16.40 Uhr        Beginn Fotos VP 215
20.15 Uhr        Ende Fototour (2 Filme) im Ostgang
21.15 Uhr        im Untergang (im Wasser)
22.30 Uhr        Ausstieg

12-Std-Tour
3,5 Std vermessen, 3,5 Std Fotos
Vermessen: 756,8m

Der Untergang in der VH3 ist etwa 15m lang in die untere Etage Kluft
Mangan ab dem Obergang, danach wechselnd stark, teilweise offensichtlich vom Hochwasser weggespült und von jüngeren Verbrüchen verdeckt (z.B. VP 4 und neuere Verbrüche im Obergang
An Stauzonen, z.B. bei starken Versinterungen (VP 189), Tropfsteinbrüche durch Hochwasserdruck
Im Tropfsteinteil zunächst gut 50m tropfsteinfrei
Alle Zuflüsse und Tropfsteine von Süden her (Bergseite)
Wasserfälle bis in die Südkurve
Kurz danach Sinterstufe etwa 0,5m, davor anscheinend ein Zulauf, danach wieder intensive Schwarzfärbung und kaum mehr laufendes Wasser.

AUSSENVERMESSUNG am 27.06.1990

Hinter der Quelle zunächst steiler Geländeanstieg
Eingang bis Beginn der 185°-Kluft
Entspricht etwa 385m Plandistanz in 188,5°
Bei einem angenommenen Geländeanstieg von etwa 45° ergibt dies 545m in 188,5°N
Danach 150m in 185°N
Versatz nach Osten (links) um 27,5m
Weiter in 185°N

Ende der Vermessung ist unter einem großem Klemmblock im Gang.